10   Abnahme / Mangelfreiheit / Gewährleistung / Schadensfälle

 

10.1   Müssen Sie die Bauausführung überprüfen?

Wenn das Bauvorhaben mit dem Hörprüfraum abgeschlossen ist, dann möchten Sie möglichst schnell auch darin zu arbeiten beginnen. Zur Übergabe von der Bauunternehmerin an die Bauherrin gehört dann auch eine formale Abnahme. In vielen Fällen ist das nur eine visuelle Überprüfung auf Vollständigkeit und auf Beschädigungen, welche während der Bauzeit entstanden und noch vor der Übergabe zu beseitigen sind. Schallschutz-Mängel sind aber visuell nicht zu ermitteln. Hierzu gehört vielmehr eine Überprüfung mittels Schallmessungen. Weicht die Ist-Beschaffenheit bei der Übergabe von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit ab, liegt ein Mangel vor. Weil solche Mängel eben nicht offensichtlich sind, gehören sie umgangssprachlich zu den „versteckten Mängeln“, wenn sie zumindest für eine Vertragspartei nicht offensichtlich erkennbar waren.

Juristisch gibt es den Begriff versteckter Mängel nicht, deshalb kann man daraus auch keine Rechte ableiten. Eine Sachmängelhaftung entsteht zum Beispiel durch das arglistige Verschweigen eines der Unternehmerin bekannten Mangels. Dann kann die Bauherrin bei entsprechendem Nachweis trotz eines Gewährleistungsausschlusses Rechte geltend machen. Aus diesem Grunde sollten beide Vertragspartnerinnen daran interessiert sein, die akustische Mangelfreiheit durch Abnahmemessungen (sogenannte Güteprüfungen) bereits vor / bei der Übergabe nachweisen zu lassen und damit einen späteren Rechtsstreit zu vermeiden.

Zum Werkvertragsrecht gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) den § 633 Sach- und Rechtsmangel und zum Baurecht in der sogenannten „Verdingungsordnung für Bauleistungen“ (VOB) im Teil B den § 13 Mängelansprüche. Das BGB gilt für Planungsleistungen, die VOB jedoch für Bauleistungen. Beide enthalten zur Gewährleistung gegenüber Mängeln fast identische Formulierungen. So heißt es z. B. in VOB-B §13 (1) wie folgt:

Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber seine Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen. Die Leistung ist zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat und den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist die Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Leistung zur Zeit der Abnahme frei von Sachmängeln,
1.       wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.       für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann.

Weil sich die Gewährleistung auf den Zustand zum Zeitpunkt der Abnahme bezieht, ist es sinnvoll, messtechnische Überprüfungen des Schallschutzes möglichst kurzfristig davor oder danach ausführen zu lassen (Güteprüfungen nach DIN EN ISO 16283-2 und DIN EN ISO 717-2). Entsprechend zertifizierte Schallschutz-Prüfstellen sind beim VMPA gelistet.

Sinnvoll ist, wenn beide Vertragsparteien sich bereits bei Vertragsabschluss abstimmen, dass Schallmessungen ausgeführt werden und wer die Kosten dafür trägt. Diese Schallmessungen gelten als sogenannte „Annahme-Messungen“. Die Unternehmerin hat nach Abschluss ihrer Arbeiten die Vermutung für sich, sachgerecht und mangelfrei geleistet zu haben. Die Bestellerin (die die Leistungen annimmt) stellt das mit den Messungen (im juristischen Sinn) infrage. Deshalb kommt sie für die Kosten der Annahme-Messungen auf. Sind die Bauleistungen gemäß diesem Nachweis mangelfrei, so ist bereits alles abgeschlossen.

Werden bei den Messungen aber Mängel ermittelt, so kehrt sich die Beweislast um. Die Unternehmerin muss nicht nur nachbessern (sinnvollerweise unter Betreuung der Schallmessstelle), sondern sie muss anschließend auch die Mangelfreiheit nachweisen. Das bedeutet, dass sie für die Kosten der weiteren Messungen aufkommen muss (im schlimmsten - gar nicht so seltenen - Fall sogar mit mehrfachen Messungen nach verschiedenen Nachbesserungs-Schritten).

Sinnvoll ist, bei Vertragsabschluss nicht nur festzulegen, dass gemessen werden soll, sondern auch, welche Messungen auszuführen sind. Je nach Art des Gebäudes und Angrenzung des Hörprüfraumes können unterschiedlich umfangreiche Messungen sinnvoll sein:

  • Störgeräusche im Betrieb nach KBV und BIAP
  • Störgeräusche im Betrieb nach DIN EN ISO 8253
  • Geräusche von Lüftungs- und Kälteanlage
  • Trittschalldämmung vom Flur / angrenzenden Räumen
  • Luftschalldämmung einer Wand zum Nachbarraum (ohne Türen)
  • Luftschalldämmung der Flurwand mit Doppeltüranlage / Schallschleuse

Eine Messung der Fassaden-Schalldämmung kann – je nach Lage des Hörprüfraumes – sehr aufwändig sein. Sie erübrigt sich zumindest dann, wenn die Messung nach DIN EN ISO 8253 erfolgreich war. Auch die nachzuweisenden Werte sollten Sie in solch einem Vertrag als Zahlenwerte vertraglich festhalten.

 

10.2   Störgeräusche während der Nutzung

In den Kapiteln 3.1 bis 3.4 sind ausführlich die Anforderungen an die einzuhaltenden Störgeräusch-Schallpegel beschrieben. So verlangt zum Beispiel die KBV für Hörprüfräumen in Krankenhäusern und HNO-Arztpraxen einen (relativ einfach nachzuweisenden) Störgeräuschpegel von Lp ≤ 40 dB(A). Wird dieser nicht nachgewiesen, so werden die Kosten für Audiometrie-Leistungen nicht erstattet. In der BIAP-Empfehlung 06-2 ist derselbe Sollwert enthalten. Aufgrund völlig anderer rechtlicher Zusammenhänge sind diese Messungen also (unabhängig von eventuellen Mängelansprüchen) immer auszuführen.

Für Ton- und Sprachaudiometrie sind die Anforderungen wesentlich schärfer, insbesondere wenn im freien Schallfeld nahe an der Norm-Hörschwelle gemessen werden soll. Dann beträgt der zulässige Gesamt-Schalldruckpegel nur noch Lp ≤ 23 dB(A), wobei dieser Nachweis nach DIN EN ISO 8253 durch Messungen in Terzbändern und Vergleich mit einer Soll-Kurve zu erbringen ist. Dazu bedarf es besonderer Messapparaturen mit Mikrofonen, welche ein extrem geringes Eigenrauschen haben. Solche Mikrofone sind sehr teuer und deshalb auch längst nicht im Besitz jeder Prüfstelle. Da sie nur bei diesen ganz besonderen Anforderungen (und damit eben sehr selten) eingesetzt werden, müssen sie sich auch über die entsprechend hohen Messgebühren amortisieren. 2018 haben Alexander Müller, Parwis Mir-Salim, Oliver Dziemba und Tobias Kirchner dazu in der Zeitschrift für Audiologie den Artikel „Messung und Beurteilung von Ruhe- und Störschallpegeln in Hörprüfkabinen“ veröffentlicht, der die Vorgehensweise sehr ausführlich beschreibt.

Störschallpegelmessungen zur Abnahme sind während der Zeiten durchzuführen, in denen sonst audiometrische Untersuchungen durchgeführt werden. Sie müssen nämlich unter normalen und repräsentativen Lärmbedingungen stattfinden. Das Licht und die audiologische Einrichtung müssen eingeschaltet sein. Falls eine Lüftung im Hörprüfraum eingerichtet ist, müssen die Schallpegel mit und ohne Lüftung aufgenommen werden.

Das Mikrofon wird an der Stelle aufgestellt, wo üblicherweise die Patientin sitzt (Bezugspunkt). Mit einem Klasse-1-Schallpegelmesser nach IEC 61672-1 und IEC 61620 wird der äquivalente Schalldruckpegel in Terzbändern ohne Bewertungs-Filter (linear) gemessen (LZeq). Für einen stabilen Mittelwert soll die Messdauer mindestens 10 Minuten betragen.

In der Bauakustik ist es üblich, während der Messdauer nicht nur einen zeitlichen, sondern auch einen räumlichen Mittelwert zu bilden. Dazu wird das Messmikrofon an einem sogenannten „Drehgalgen“ während der Messzeit auf einer geneigten Kreisbahn durch den Raum bewegt. Wegen der unvermeidbaren Eigengeräusche des Motor-Antriebs und der „Wind“-Geräusche am Mikrofon ist solch ein Drehgalgen für Messungen bei niedrigen Schallpegeln nicht einzusetzen. Deshalb beschränkt man sich bei Hörprüfräumen auf eine Messung an dem festgelegten Bezugspunkt.

Bei diesen Abnahmemessungen sollte sich die Messingenieurin selbst im Hörprüfraum aufhalten. Dafür gibt es zwei Gründe: Einerseits kann man nicht die Türen offen stehen lassen, um das Kabel vom Mikrofon (innen) zum Messgerät (außen) zu führen, weil damit die Schalldämmung der Türen / Schallschleuse zunichte gemacht würde. Andererseits kann man bei eventuellen Geräuscheinwirkungen sofort feststellen, um was für Geräusche es sich handelt. Die Messwerte sagen nur etwas über die Höhe der Schallpegel aus, aber nicht über die Art der Geräusche. Weil die nachzuweisenden Werte extrem niedrig sind, ist auch eine Messung mit „eingesperrter Messingenieurin“ sehr aufwendig, denn diese muss quasi „mit angehaltener Luft“ im Hörprüfraum sitzen.

Natürlich kann man auch ein Kabel für das Messmikrofon durch das Leerrohr nach Abbildung 9-1 ziehen. Das bedeutet aber ebenfalle einen Eingriff in die zu untersuchenden Bauteile. Außerdem entfällt dann die Möglichkeit einer gehörmäßigen Zuordnung der einwirkenden Geräusche zu bestimmten Quellen.

 

10.3   Geräusche der Lüftungsanlage

Wenn eine Lüftungsanlage im Hörprüfraum vorhanden ist, dann gemäß Kapitel 10.2 sowohl mit ausgeschalteter als auch mit eingeschalteter Lüftung zu messen. Um daraus anschließend den Schallpegel der Lüftungsanlage allein errechnen zu können, wird man üblicherweise für beide Messreihen recht kurze Messdauern (z. B. 30 s) wählen, in denen jeweils keine auffälligen Geräusche von dritter Seite einwirken. Mit diesen Messwerten lässt sich durch eine sogenannte „energetische Subtraktion“ ermitteln, wie hoch der von der Lüftungsanlage in den Raum eingestrahlte Schallanteil ist. Nur für diesen sind nämlich Planer und Lieferant der Lüftungsanlage verantwortlich.

Wenn auch eine Kühlung der Zuluft erfolgt, sind gleichartige Messungen auch mit und ohne den Betrieb von Kälteanlage / Kältekompressor auszuführen.

 

10.4   Beispiele für Mängel der Trittschalldämmung

In den Kapiteln über die bauakustischen und haustechnischen Planungsdetails bezüglich der schwimmenden Estriche, der Türschwellen-Konstruktionen und der Führung der Heizungsleitungen wurde etliche Male auf die große Notwendigkeit eines sachgerechten Trittschallschutzes gegen horizontale Trittschall-Einwirkungen vom Flur vor dem Hörprüfraum und aus benachbarten Räumen hingewiesen. Dennoch sind solche Übertragungen in ausgeführten Bauten keine Seltenheit und immer wieder Anlass für umfangreiche und kostspielige bautechnische Sanierungen. Dann müssen Bodenbeläge aufgenommen und Teile der Estriche heraus gestemmt werden. In einer bereits in Betrieb befindlichen Praxis ist das wegen der damit verbundenen Lärm- und Staub-Entwicklung ausgesprochen ärgerlich.

Abbildung 10-1 Aufnahmen von nachträglichen Stemmarbeiten an Estrichen im

Tür-Durchgangsbereich, links und mittig nach Fertigstellung, rechts noch während der Bauzeit

Oft kann dann nur der schwimmende Estrich „so gut es geht“ mit sauberen Trennfugen neu hergestellt werden, aber eine erneute Verlegung der Vor- und Rücklaufleitungen der Heizung an die richtige (tiefe) Stelle ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr machbar.

Welchen Aufwand solch eine Maßnahme bedeutet und welche Verbesserungen dann (noch) möglich sind, wird anhand des ersten Schadensfalles erläutert. Dort ist auf dem Flur vor dem Hörprüfraum Linoleum verlegt (siehe Abbildung 10-2). In einem zweiten Fall hat man sich mit den vorhandenen Trittschall-Einwirkungen abgefunden und keine Sanierung durchgeführt. Weil dort auf dem Flur ein Teppich verlegt ist, sind die Störgeräusche nicht ganz so gravierend, aber auch bei großen Abständen noch deutlich hörbar und nachweisbar (siehe Abbildung 10-3). In einem dritten Objekt mit Fliesenbelag auf dem Flur ist bisher wegen der Geräusch- und Staubentwicklung noch keine Sanierung erfolgt (siehe Abbildung 10-4). Hier soll zwar eine Betriebs-Pause für die Nachbesserungen abgewartet werden, aber „Provisorien halten lange“.

In allen Fällen wurde aus Gründen des praktischen Messablaufes darauf verzichtet, normgemäße Güteprüfungen nach DIN EN ISO 16283-2 und DIN EN ISO 717-2 auszuführen. Vielmehr erfolgten bei Aufstellung des Norm-Hammerwerkes auf dem jeweiligen Flur lediglich Schallpegelmessungen in den Hörprüfräumen. Anders als bei den Störgeräusch-Messungen gemäß Kapitel 10.2 wurde hier aber während der jeweiligen Messdauer nicht nur zeitlich sondern auch räumlich gemittelt.

 

Abbildung 10-2

Mittelwerte der „Trittschall“-Geräusche in drei Hörprüfräumen eines Krankenhauses mit Doppeltüranlagen, Aufstellung des Norm-Hammerwerkes auf dem Flur mit Linoleum-Bodenbelag,

vor der Sanierung 84 dB(A),

nach erster Nachbesserung 56 dB(A),

Endzustand 44 dB(A)

 

Nach der ersten Nachbesserung war beim Betrieb des Normhammerwerkes ein metallisches „Klingeln“ zu hören. In dem zuvor freigestemmten Schwellenbereich ließ sich nachträglich keine Holzschwelle in Trockenbauweise montieren. Deshalb wurde hier erneut ein Schwellen-Sockel beidseitig der Wand abgeschalt und mit Estrich-Mörtel auf einer Folien-Unterlage aufgefüllt. Die Randstreifen verliefen entlang der Schalbretter von Wand zu Wand. Beim Anarbeiten des flurseitigen Estrichs wurde zunächst keine vollständige Schallbrückenfreiheit erreicht. Deshalb vibrierte der Sockel und übertrug diese Vibrationen auf die seitlichen Metallständer der inneren Wandschale. Im Diagramm ist die Anhebung der mittleren Kurve im Frequenzbereich zwischen 1000 Hz und 4000 Hz deutlich erkennbar.

Auch nach Abschluss der (zweiten) Nacharbeiten ist das Normhammerwerk im Hörprüfraum noch immer um etwa 10 dB lauter zu hören, als für einen sachgerechten Schallschutz solcher Räume eigentlich notwendig wäre.

Abbildung 10-3

„Trittschall“-Geräusche in einem

Hörprüfraum mit Einzeltüranlage,

Aufstellung des Norm-Hammerwerkes auf dem Flur davor

mit Nadelfilz-Bodenbelag bei verschiedenen Abständen:

1 m vor der Tür 63 dB(A),

  5 m Abstand 56 dB(A),

10 m Abstand 50 dB(A),

15 m Abstand 44 dB(A),

20 m Abstand 34 dB(A)

Die Geräuscheinwirkungen des Norm-Hammerwerkes betragen bei 5 m Abstand „nur“ 56 dB(A), weil auf diesem Flur ein Nadelfilz-Teppich liegt. Auf Maßnahmen zur Trennung hat man seinerzeit verzichtet, weil der Audiometriebereich im obersten Geschoss „ganz am Ende“ liegt und die Nutzerfrequenz dort überschaubar ist. Die Abteilungsleitung äußerte dazu, sie habe den Mitarbeitenden untersagt, Schuhwerk mit harten Absätzen zu tragen, „dann geht es“.

Abbildung 10-4

„Trittschall“-Geräusche im Hörprüfraum mit Doppeltüranlage und Schallschleuse, Aufstellung des Norm-Hammerwerkes auf dem Flur davor mit Fliesen-Bodenbelag, bisher noch keine Sanierung. Bei Aufstellung direkt vor der Schleuse bewirkte das Norm-Hammerwerk

einen Schallpegel von 51 dB(A),

in 7,5 m Abstand 46 dB(A) und

in 15 m noch immer 37 dB(A).

In der Abbildung 10-5 sind die Ergebnisse der obigen „Trittschall“-Geräusche in Form der Auswertung einer Güteprüfung als „bewertete Trittschallpegel“ (Lnw = 44 dB) und die der Luftschallpegeldifferenzen an gleicher Stelle als „bewertete Schalldämm-Maße“ (R’w = 66 dB) in den entsprechenden Norm-Diagrammen nebeneinander dargestellt. Beide Auswertungen erfolgten ohne Nachhallzeit-Korrektur. Siehe hierzu Kapitel 4.4.

Abbildung 10-5

Auswertungen von Trittschallpegel und Luftschalldämmung derselben Raumangrenzung wie bei Abbildung 10-4, jedoch in Form von Güteprüf-Diagrammen. Im Vergleich mit den blauen „Bewertungskurven“ sind links die lautesten Trittschallpegel (stärkste Abweichung der Messwerte von der Bewertungskurve nach oben) zwischen etwa 200 Hz und 1250 Hz zu erkennen und rechts die schlechtesten Bereiche der Luftschalldämmung (stärkste Abweichung der Messwerte von der Bewertungskurve nach unten) zwischen etwa 200 Hz und 630 Hz

Der Messwert der Luftschalldämmung von R’w = 66 dB ist zwar bereits um 4 dB höher als der angestrebte Wert. Man kann in dem rechten Diagramm aber erkennen, dass der Frequenzbereich der ungünstigsten Messergebnisse von 200 Hz bis 630 Hz sich etwa mit dem der lautesten Trittschallpegel in linken Diagramm deckt. Daraus ist ein (deutlicher) Einfluss der Trittschall-Schallbrücken auf die Luftschalldämmung abzuleiten. Durch Beseitigen der vorhandenen Schallbrücken des Estrichs vom Flur durch die Schallschleuse bis in den Hörprüfraum wird sich (wegen der erhöhten sogenannten „Flanken-Schalldämmung") auch die Luftschalldämmung noch weiter verbessern.

10.5   Beispiele für Mängel der Luftschalldämmung

Wenn eine nicht ausreichende Luftschalldämmung eines Hörprüfraumes gegen angrenzende Räume beanstandet wird, sind fast immer die Türen die Haupt-Ursache, sofern nicht (wie oben beschrieben) starke Einflüsse von Flanken-Schallübertragungen entlang der Estriche vorliegen. Die zu geringe Luftschalldämmung liegt dann meist nicht an einer mangelhaften Schalldämmung des Türblattes und im Allgemeinen auch nicht an undichten Einbaufugen zwischen Türzarge und Wand, sondern zum überwiegenden Teil an einer zu geringen Dichtigkeit der Funktionsfugen zwischen Türblatt und Zarge bzw. zwischen Türblatt und Schwelle. Gute Hinweise zur Vorgehensweise und Fehlersuche enthält z. B. VDI 3728, Schalldämmung beweglicher Raumabschlüsse, bzw. die Veröffentlichung „Auf die Tür gehört“ in der Zeitschrift Trockenbau Akustik 10.2011. Einen ausführlichen Bericht über die extrem undichte Tür eines Hörprüfraumes enthält der Bauschadensbericht von 1995.

In der HNO-Abteilung eines Krankenhauses mit Einzeltüren vom Zwischenflur in die Hörprüfräume wurden die Einstell- und Justierarbeiten an einer Tür exemplarisch mit Messungen begleitet, nachdem zuvor die Estrich-Trennung im Türschwellenbereich (weitgehend) saniert worden war. Das einfach überfälzte Türblatt entsprach (gemäß Aufkleber) der Schallschutzklasse SK 37 mit einem Labor-Schalldämm-Maß RwP = 42 dB und einem Rechenwert des Schalldämm-Maßes von RwR = 37 dB. Die Abbildung 10-6 zeigt die Differenzen der A-bewerteten Schallpegel auf dem Flur und im Hörprüfraum, nach Ausführung folgender Maßnahmen:

  • Absenkdichtung justiert
  • Spalte zwischen der Unterkante der senkrechten Zargenschenkel und dem Fußboden nachgedichtet
  • Türblatt durch Lösen-Andrücken-Festziehen der dreidimensional justierbaren Bänder näher an die Zarge herangebracht
  • Türblatt in der Zarge seitlich ausgemittelt und in der Höhe angepasst. sodass die Türblattkanten an allen drei Seiten an den Falzdichtungen der Stahlzarge anliegen
  • Absenkdichtung erneut justiert.

Abbildung 10-6

Luftschallpegel-Differenzen einer Einzeltür vom Flur zum Hörprüfraum, die Differenzen der A-bewerteten Schallpegel steigen von 27 dB im Ausgangszustand bis auf 48 dB im schlussendlich optimal justierten Zustand (bei noch immer angemessen leichtgängiger Tür),
Achtung: hier sind keine Schallpegel aufgetragen, sondern Schallpegel-Differenzen außen-innen; je größer die Differenz, desto besser, denn umso leiser ist es innen

 

10.6   Beispiele für Mängel der Lüftungsgeräusche

Wenn Hörprüfräume belüftet werden, sind die zugehörigen Kanäle oft Teil der Lüftungsanlage für einen größeren Bereich (Geschoss oder ganzes Gebäude). In solchen Fällen lässt es sich nicht immer vermeiden, dass „fremde Lüftungskanäle“, also solche, die ganz andere Bereiche versorgen, den Hörprüfraum tangieren. Bei dem (hier) schon fertiggestellten Raum war es aufgrund der vorhandenen Bauhöhen nicht mehr möglich, unter diesen Kanälen eine schalldämmende Gipskartondecke einzuziehen.

Abbildung 10-7

Grundriss eines Hörprüfraumes mit eingetragenen Lüftungskanälen,

die beiden 850 mm breiten und 400 mm hohen im Bogen geführten Kanäle

versorgen fremde Bereiche

Zunächst waren bei den Abnahmemessungen deutliche Strömungsgeräusche aus dem Zuluftgitter zu hören. Nach Abschrauben dieses Gitters vom Auslasskasten war am Ende des angesetzten Kanalteiles ein Schalldämpferelement aus Schaumstoff entsprechend Abbildung 9-5 zu sehen. Von insgesamt acht möglichen Öffnungen waren nur zwei offen, die anderen sechs aber noch mit den Schaumstoff-Einsätzen abgedichtet. Bei einem Luftvolumenstrom von etwa 150 m³/h, entsprechend 0,04 m³/s war eine Strömungsgeschwindigkeit von etwa 10 m/s vorhanden. Aber nur bei etwa 2 m/s kann die Luft geräuscharm einströmen. Die Handwerker weigerten sich, mehr als zwei weitere Schaumstoff-Einsätze zu entfernen mit der Begründung, sonst sei die Dämpfung des Rest-Schaumstoffelementes zu gering. Von vorher 38 dB(A) reduzierte sich der Pegel auf 33 dB(A). Vor dem Wieder-Anbringen des Lüftungsgitters wurde der Auslasskasten innenseitig zusätzlich mit Schaumstoff ausgekleidet (leider nur ein im Lüftungsanlagenbau häufig verwendeter geschlossenzelliger Schaumstoff, kein offenporiger). So wurde im Endzustand ein Lüftungsanlagen-Schallpegel von 29 dB(A) erreicht.

Abbildung 10-8

Geräusche der Lüftungsanlage im Hörprüfraum nach Abbildung 10-7 im vorgefundenen Zustand und mit Nachbesserungen (38 / 33 / 29 dB(A))

In Abbildung 10-8 sind die drei Messwertkurven frequenzabhängig eingetragen. Dort ist auch die „Noise-Rating-Kurve NR 30“ für einen Gesamtschallpegel von 40 dB(A) zum Vergleich mit den Vorgaben der KBV aufgeführt und weiterhin auch die Bewertungs-Kurve der „Richtlinien über die Messung des Grundgeräusches in Hörprüfkabinen“ aus der Schweiz. Im Ausgangszustand ist die NR-30-Kurve im mittelfrequenten Bereich überschritten und bei den hohen Frequenzen gerade eingehalten. Mit der verdoppelten Durchlassfläche nimmt der Pegel oberhalb von 250 Hz deutlich ab und im Endzustand auch schon bei 125 Hz. Aber die schweizerischen Grenzwerte (blaue Kurve) bleiben zwischen 100 Hz und 500 Hz noch immer überschritten.

Unklar musste bei diesen Messungen bleiben, ob die jetzt vorhandenen Geräusche noch immer von der Raum-Belüftung selbst stammen oder von den beiden großen Kanälen mit 850 mm Breite und 40 mm Höhe, welche auf der Zeichnung „von oben im Bogen nach links“ verlaufen. Auch bei Messungen im Nahfeld der Lüftungsöffnungen war das nicht feststellbar. Ein zweiter direkt benachbarter Hörprüfraum war deutlich leiser. Für weitere Messungen hätte man die Lüftungsanlage des „anderen Bereiches“ ausschalten müssen. So etwas ist typischerweise in einem inzwischen schon teilweise in Betrieb befindlichen Krankenhaus nicht ohne Betriebs-Einschränkungen machbar und erst recht nicht „kurzfristig auf Zuruf“.

 

10.7   Was ist zu tun?

Verträge mit Planerinnen und ausführenden Unternehmen

      um die akustischen Anforderungen ergänzen,

ggf. eine beratende Akustikerin zur Formulierung hinzuziehen,

abschließend messtechnische Überprüfung


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