Akustik und die Schöpfungsgeschichte

Nein, hier geht es nicht um den "Urknall". Vielmehr konnte ich dem Bibel-Übersetzungs-Genie Dr. Martin Luther einige Ungenauigkeiten in der Schöpfungsgeschichte nachweisen und dadurch die ganz besondere Berücksichtigung der Akustik während des Schöpfungsvorgangs besser herausarbeiten. Der Text ist für eine Morgenandacht bei einer Familien-Musik-Freizeit in Neukirchen an der Flensburger Förde bereits vor etlichen Jahren entstanden:

 

Lieber Gott!

Ich finde das toll, wie Du das damals gemacht hast; damals, als Du den Adam erschaffen hast. Das war doch sicher ein hartes Stück Arbeit. Sagen deshalb die Schwaben noch immer „schaffen“, wenn sie von harter Arbeit reden?

War das nicht schrecklich damals, so mit Deinen Händen einen Klumpen Lehm hochzuheben? Mit Händen, die schon so viele schöne Sachen gemacht hatten: Licht und Luft, Wasser und Erde, Pflanzen und Tiere. Da hast Du Dir noch mal die Hände schmutzig gemacht, in den Acker gegriffen, Lehm genommen und Adam geformt. Und dann hast Du diesen feuchten Matsch an den Mund genommen und ganz feste gepustet. Du, lieber Gott, sag mal ehrlich: hat das nicht fürchterlich gespritzt und gekleckert und hat Deine Mutti nicht mit Dir geschimpft, als Du Dich für Adam so schmutzig gemacht hast?

Du, ich glaube, Du bist ein Schlingel, lieber Gott. Du hast dem Dr. Martin Luther, als er Deine Bibel ins Deutsche übersetzen musste, die falschen Wörter vorgesagt. Und so viel gearbeitet hast Du auch nicht, sondern nur Spaß gehabt.

Du hast nämlich gar nicht in den Acker gegriffen, sondern in den Akkord und Du hast auch nicht Lehm genommen, sondern Ton. Damit Du nicht so viel brauchst, hast Du innendrin auch etwas hohl gelassen. Und dann hast Du das, was Du da gemacht hast, auch erst etwas zum Antrocknen in die Sonne gestellt. Als Du danach hineingeblasen hast, musstest Du immer ein paar von den Löchern, die Du gelassen hattest, zuhalten. Und plötzlich kam die "Adam-Okarina" in Resonanz. Und mit dem Blasen und Resonieren kam dann der Adam zur Raison; das ist französisch und heißt Verstand oder Vernunft. Bestimmt hast Du damals gar nicht schwer gearbeitet, sondern Du hast gelebt "wie Gott in Frankreich".

     Aber ein Sprachengenie bist Du auch, das muss man Dir lassen: Nicht nur, dass Du damals den Worten „Vernehmen“ und „Vernunft“, „verstehen“ und „Verstand“  den gleichen Wortstamm gegeben hast, nein, auch die Wörter „Raison“ und „Resonanz“ gehören zusammen. Die Re-Sonanz, das Zurück-Tönen, war die Antwort auf Dein Wort. Damit hat der Evangelist Johannes recht, wenn er sagt „Im Anfang war das Wort“.

Lieber Gott, Du musst an dem Adam so viel Spaß mit der Re-Sonanz gehabt haben, dass Dir gleich noch ein paar Wörter mehr dazu eingefallen sind: sonare (lat.: tönen), Sound und Gesang, gesund, Song, Ton und tongue (engl.: Zunge, die man ja zum Singen und Sprechen auch braucht); aber zu sonare gehört dann auch per-sonare (hindurch-tönen) und damit wurde Dein Adam zur Person.

International tätig bist Du offenbar auch, lieber Gott. Wie hätte sonst der indische Dichter und Philosoph Rabindranath Tagore von Dir sagen können „Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe“? Der schönste Spruch, den ich von ihm kenne, heißt „Gott spricht zu mir in Bildern, aber meine Seele antwortet in Tönen.“

Lieber Gott, weil Dir das Re-Sonieren, das Zurück-Tönen, so gut gefiel, hast Du es dann auch den Vögeln beigebracht. Dabei musst Du auch wieder viel Spaß gehabt haben, denn die können das heute viel besser als wir Menschen: das Tirilieren der Lerche am hohen Himmel, das Gurren der Taube, das Glucken der Henne oder das Schlagen der Nachtigall. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Du sogar die Dohlen, Krähen und die Möwen bei uns an der Küste zu den Singvögeln zählst.

     Lieber Gott, dass Du uns Ohren gegeben hast zum Hören, das ist toll und wir müssen diese Ohren schützen und pflegen, um nicht über dem Hören auf die vielen Geräusche und den Lärm in der Welt das aufmerksame Horchen zu verlernen. Dass wir horchen können auf die feinen Dinge, das gönnst Du uns ja deshalb, weil wir Dir nicht nur ge-hören, sondern weil wir Dir ja auch ge-horchen sollen. Wie wäre das sonst möglich?

Du, lieber Gott, egal ob das viel Arbeit und Schmutz für Dich war oder wenig. Wie Du das hingekriegt hast, das finde ich einfach prima. Dafür danke ich Dir.