9.2.3 Neubau mit nicht abgedichteten Durchbrüchen für Haustechnik

Anders als bei dem im vorigen Kapitel beschriebenen „nicht-mehr-ganz-so neu“-Bau geht es hier um ein erst vor kurzem errichtetes Schulgebäude, welches ausschließlich Klassenräume un­ter­schied­li­cher Größen und Zuschnitte enthält. Aus den damaligen Mängeln hat man gelernt und hier alle GK-Leichtwände vom Rohfußboden bis zur Rohdecke geführt. Die schwimmenden Estriche und die ab­gehängten Decken laufen dagegen. Dennoch gibt es bei einigen Räumen Beanstandungen wegen eines nicht ausreichenden Schallschutzes…

Die Messungen wurden auf Bitte der Schulleitung ausgeführt, die über keinerlei Bauunterlagen ver­füg­te. Auch ein Öffnen der Decke war nicht möglich. Deshalb sind die Bauteil-Beschreibungen le­dig­lich „gezielte Vermutungen“.

Die Trennwand zwischen den Klassenräumen ist eine Metallständerwand mit Beplankungen aus Gipskartonplatten. Ein in Schulen „üblicher“ Aufbau besteht aus 100 mm breiten Metall­stän­dern und beidseitig doppelten Beplankungen mit jeweils 12,5 mm dicken Gipskartonplatten. Je nach Art und Rohdichte der Platten und der Dicke der Mineralwolle im Hohlraum erreichen solche Wände nach Katalog-Angaben des Herstellers Knauf, Wandtyp W112, Rechenwerte des Schalldämm-Maßes zwischen Rw,R = 56 dB und Rw,R = 67 dB. Ansichten des Prüfobjektes enthält die Abbildung 9.2.3.1.

Abbildung 9.2.3.1 Ansichten der Trennwand vom Sende- und Empfangsraum

Oben ist die Raumtrennwand bis zur Rohdecke geführt. Das ist einerseits an den Abschlüssen der Deckenplatten vor der Wand erkennbar und andererseits auch an den geringfügig unterschiedlichen Deckenhöhen. Die schallabsorbierenden Decken aus sichtbar geschraubten Holzwolleplatten wur­den also erst nach der Montage der Trennwände eingezogen. Ob sich oberhalb der abgehängten Decken Durchbrüche befinden, z. B. für Rohrleitungen und Kanäle der Haustechnik, ist unbekannt.

An der Unterkante grenzt die Raumtrennwand an die schwimmenden Estriche. Ob diese raumweise verlegt sind, oder ob die Wand auf einer durchlaufenden Estrichplatte steht, war zunächst un­be­kannt. Um hier genauere Kenntnisse zu erhalten, wurde - ergänzend zur Messung der Luft­schall­däm­mung - auch die horizontale Trittschall-Übertragung geprüft.

An der Fassade grenzt die Raumtrennwand an eine Stahlbetonstütze. Flurseitig ist die  Gips­kar­ton­wand deutlich breiter, wahrscheinlich für Rohrleitungen und Kanäle der Haustechnik. Die flan­kie­ren­de Flurwand ist eine GK-Montagewand. Je nach Anteil der zusätzlichen Schallübertragungen ent­lang der vier flankierenden Bauteile (oben, unten, links und rechts) liegen die Bau-Schalldämm-Maße niedriger als die Rechenwerte der Trennwand. Die Flanken sind im vorliegenden Fall aber sehr günstig. Dennoch erreicht die Luftschalldämmung der Raumtrennwand mit R‘w = 47 dB gerade einmal die Mindestanforderung nach DIN 4109-1:2018, Tabelle 6, Zeile 4 mit einem deutlichen  Ein­bruch in der Terz von 315 Hz. Durch eine Vergleichsrechnung wurde ermittelt, dass das Schall­dämm-Maß ohne den Einbruch bei 315 Hz etwa R’w = 50 dB erreichen könnte.

Der Norm-Trittschallpegel wurde mit L’n,w = 42 dB gemessen. Das ist um 11 dB besser als die An­for­de­rung nach Tabelle 6, Zeile 1. Eine Flankenschall-Übertragung entlang der Estrichplatte, die mög­li­cher­wie­se den Einbruch bewirken könnte, lag also nicht vor.

Abbildung 9.2.3.2 Schalldämm-Maß R‘w = 47 dB und Norm-Trittschallpegel L’n,w = 42 dB zwischen den Klassenräumen einschließlich der zugehörigen Bewertungskurven

Ganz im Gegenteil war mit dem günstigerweise sehr niedrigen Trittschallpegel zu belegen, dass die Estrichplatten beider Räume getrennt sind und dass dementsprechend die Raumtrennwand bis hin­un­ter zur Rohdecke reicht. Demnach kommen als möglicher Luftschall-Übertragungsweg nur Un­dich­tig­kei­ten (Löcher) in der Raumtrennwand oder eine undichte Deckenanschlussfuge in Betracht.

Zur weiteren Überprüfung wurde die Wand noch einmal mit Schmalband-Rauschen in diesem  Fre­quenzbereich beschallt, um im benachbarten Raum im Nahbereich der Trennwand gezielt zu su­chen. Beim Horchen im Raum hatte man das Gefühl, der Schall komme eher „von oben her“. Die höchsten Ausschläge zeigte der Schallpegelmesser etwas rechts oberhalb der Uhr. Dieser Bereich ist in der Abbildung mit einem (absichtlich recht breiten) Pfeil gekennzeichnet.

Möglicherweise wur­de hier ein Durchbruch für haustechnische Versorgungsleitungen oder auch für Elektrokabel vor dem Schließen der Decke nicht sachgerecht abgedichtet? Weil der Einbruch so schmal ist, wie man es für einen sogenannten „Helmholtz-Resonator“ typisch ist, könnte man z. B. ein Leerrohr in einem Unterzug zu vermuten. Das ließe sich durch Abschrauben einer Decken­plat­te und Einsichtnahme in den Deckenhohlraum überprüfen. Mit wenig Aufwand, allein durch Aus­stop­fen mit etwas Mi­ne­ral­wol­le, wäre das Schall­dämm-Maß um 3 dB besser.

Abbildung 9.2.3.3 Bereich der stärksten Schallübertragung

Was ist bei schalltechnischen Sanierungen zu beachten?
- zunächst den vorhandenen Schallschutz durch Messungen ermitteln
- dabei auch die kritischen Übertragungswege ermitteln / erfassen
- handwerklich einfach ausführbare Lösungen erarbeiten
- Abnahme-Messungen durchführen lassen, um den „Erfolg“ zu belegen

 

Stand 2025-06-15